Artikel in Fachzeitschrift Nervenheilkunde

In diesem Monat erscheint ein ganzseitiger Artikel über die Deutsche Gesellschaft für intrakranielle Hypertension in der Zeitschrift Nervenheilkunde.

Die Nervenheilkunde ist eine der bekanntesten Fort- und Weiterbildungszeitschriften für Neurologen, Psychiater und Nervenärzte, wendet sich aber auch an Primärärzte. Sie erscheint zwölfmal jährlich mit einer Auflage von mehr als 30.000 Exemplaren.

 

Ein Hirntumor, der keiner ist

An idiopathischer intrakranieller Hypertension (Pseudotumor cerebri) erkranken in Deutschland jährlich nur etwa 800 Menschen (1 von 100.000). Aufgrund einer bislang ungeklärten Ursache steigt der Hirndruck so stark an, dass unbehandelt schnell neurologische Beeinträchtigungen und der dauerhafte Verlust der Sehfähigkeit drohen. Typische Beschwerden sind Kopfschmerzen und Sehstörungen sowie Nackenschmerzen, Schwindel, Übelkeit und pulsierende Ohrgeräusche.

Mit Lumbalpunktionen, Medikamenten sowie neurochirurgischen Eingriffen wird die Erkrankung anlassbezogen und symptomatisch behandelt. Auch trotz regelmäßiger Behandlungen führen Sehstörungen, Kopfschmerzen und Nebenwirkungen der Medikamente häufig zur dauerhaften Arbeitsunfähigkeit und halten bei manchen Betroffenen über Jahre an. Auch das Sozialleben bleibt von Beeinträchtigungen oft nicht verschont.

Die Seltenheit erschwert die systematische Forschung und flächendeckende Kompetenzentwicklung. Aufgrund des nur sporadischen Kontakts mit dieser Ausnahmeerkrankung sind die Erfahrungen bzgl. Erkennung und Behandlung in neurologischen, augenärztlichen sowie hausärztlichen Praxen unausgeglichen. Lückenhafte Kenntnisse und geringe Erfahrungswerte bei Ärzten führen so nicht nur zu teilweise folgenschweren Diagnoseverzögerungen und Fehlbehandlungen; die Unsicherheiten übertragen sich auch schnell auf die Patienten und lösen Frustration und Verzweiflung aus. Die niedrige Fallzahl selbst entzieht die Erkrankung der systematischen Erforschung und erschwert die Gruppenbildung zur Selbsthilfe. Betroffene fühlen sich daher anfangs oft einsam.

Die für die Erkrankung vorgesehenen Medikamente werden außerhalb ihrer Zulassung (off-label) angewendet, was die Erstattung der Arzneimittelkosten durch die Krankenkassen oft erschwert. Auch die Gewährung von Rehabilitationsleistungen und die sozialrechtliche Anerkennung der mit der Krankheit verbundenen Beeinträchtigungen sind uneinheitlich. Häufig müssen gesetzliche Leistungen mühevoll erkämpft werden.

Informationsaustausch

Die Deutsche Gesellschaft für intrakranielle Hypertension e.V. (DGIH) ist eine eingetragene, als gemeinnützig anerkannte Selbsthilfeorganisation auf Bundesebene. Sie wurde Anfang 2013 von einer Handvoll Betroffener und Angehöriger gegründet. Als Bindeglied zwischen mehr als 600 Betroffenen sowie Medizin und Forschung versucht sie, die Behandlungssituation durch Wissenstransfer, Informations- und Erfahrungsaustausch nachhaltig zu verbessern. Das anfängliche Gefühl der Isolation bei den Betroffenen lösen wir durch persönlichen Begegnungen, Begleitung und Austausch. Um die geographisch stark gestreuten Betroffenen zu erfassen, setzt der Verein besonders auf Onlinearbeit. Der Austausch zwischen Betroffenen, sowohl in Internetforen als auch bei persönlichen Begegnungen, soll vor allem zur Selbsthilfe anleiten und Patientenkompetenz vermitteln.

Durch Öffentlichkeitsarbeit und strukturierten Wissenstransfer stärkt man die Patienten- und Fachkompetenz und entwickelt ein gesellschaftliches Bewusstsein gegenüber der Erkrankung und ihrer Warnzeichen. Hierfür werden Kernbotschaften durch Flugblätter, Broschüren, Newsletter und Webinhalte gestreut. Langfristig soll der wissenschaftliche Austausch, die spezifische Ursachenforschung, die Suche nach Vermeidungsstrategien und besseren Behandlungsmöglichkeiten vorangetrieben werden.

Ziele für die Zukunft

In den kommenden Jahren wird die Deutsche Gesellschaft für intrakranielle Hypertension ihr Netzwerk ausbauen und den Kontakt zu Kliniken und Zentren für seltene Erkrankungen intensivieren. Ein Patientenregister und eine damit verbundene wissenschaftliche Kollaborationsplattform soll dort die Forschung unterstützen. Geplant ist ferner ein mehrsprachiger Patientenausweis, der gemeinsam mit internationalen Interessenverbänden entwickelt wird. Im Bereich der personenzentrierten Hilfe werden die regelmäßigen Patiententreffen auf Ortsebene fortgeführt und um ein Tandem-Mentorenprogramm erweitert.

Die DGIH ist die größte deutschsprachige Organisation, die sich ausschließlich mit dieser Thematik beschäftigt. Sie wird aus Selbsthilfefördermitteln der gesetzlichen Krankenkassen sowie aus Spenden und regelmäßigen Beiträgen ihrer 36 ordentlichen Mitglieder (Stichtag: 1. Juli 2015) finanziert. Durch die Teilnahme am Google Grants Programm für gemeinnützige Organisationen steht ein jährliches Budget für Onlinewerbung im Wert von 120.000 US-Dollar zur Verfügung. Im Juni 2014 hat die Bundeskanzlerin die DGIH als eine der 25 effizientesten sozialen Initiativen in Deutschland im Rahmen des Startsocial-Wettbewerbs ausgezeichnet.

Linder A. Ein Hirntumor, der keiner ist. Nervenheilkunde 2015; 34: 931.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Schattauer Verlags, Stuttgart.

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